Vor ein paar Tagen habe ich Petersilie geerntet, weil ich sie fürs Abendessen brauchte.
Der Duft kitzelte meine Nase und schwups, ich war wieder acht Jahre alt und stand im Garten meiner Großeltern am Beet, in dem meine Großmutter Schnittlauch und Petersilie zog. Groß war er nicht, dieser Garten direkt am Haus, und direkt daran anschließend das Fabrikgelände. Das Dorf war geprägt von den Glashütten, und es wurde auch Kunststoff verarbeitet und der Alltag war geprägt von harter Arbeit, rauhem Klima und der Grenze, die direkt hinter dem Dorf verlief.
Wir verbrachten als Kinder regelmäßig Zeit bei unseren Großeltern, auch ohne unsere Eltern, und in meiner Erinnerung vermischen sich kleine und große Abenteuer mit Gefühlen von Geborgenheit und liebevoller Strenge.
Ich weiß noch, wie gerne wir an Petersilie und Schnittlauch herumzupften und die Kräuter einfach so aßen, und wie meine Großmutter schimpfte, dass sie das doch eigentlich zum Kochen brauchte und dass wir doch bittschön nicht alles aufessen sollten. Aber ich glaube, sie war uns nie richtig böse.
All das kam mir wieder in den Sinn, als ich auf meinem Hof stand, wo die Petersilie in einem Topf wächst – und das Dorfleben hier ist in vielen Bereichen so ganz anders als das Leben im Glasmacherdorf im Frankenwald und doch irgendwie ähnlich. Dass ich später mal hier zuhause sein würde, wo es mich vor gut 20 Jahren hinverschlagen hat, das habe ich mir als Kind nicht ausgemalt, aber es ist gut geworden, so wie es ist.
Das Haus meiner Großeltern ist schon lange verkauft, die Grenzanlagen sind ebenfalls verschwunden, aber die Erinnerungen sind noch da – nicht zuletzt dank des Dufts von Petersilie.