Category Archives: Inklusion

Barrierefreiheit für alle? Barrierefreiheit für alle!

Heute morgen brachte mich meine Twitterfreundin Ulrike wieder einmal ins Grübeln. Sie schrieb von defekten und fehlenden Aufzügen und kaputten Rolltreppen (https://twitter.com/sunmoonstars97/status/470853450994315264)

Ich dachte, eigentlich müsste man Aufkleber drucken, so im Stil der „Landwirtschaft dient allen“-Image-Aufkleber, und „Barrierefreiheit dient allen“ darauf schreiben, und überall an defekte Aufzüge kleben, und Autos, die ohne Ausweis auf Behindertenparkplätzen stehen, unter den Scheibenwischer klemmen und überhaupt.

Barrierefreiheit ist mehr als nur der ein oder andere Lift, eine Ampel mit akustischem Signal oder Untertitel. Und Barrierefreiheit geht uns alle an, seien wir nun sichtbar körperlich eingeschränkt oder nicht.

Barrierefreiheit beginnt im Kopf, aber sie sollte dort nicht auch enden. Barrieren erkennen und anfangen, sie abzubauen, das hilft uns allen.

Funktionierende Aufzüge z.B. an Bahnhöfen freuen auch Leute mit schweren Koffern. Und apropos Bahnhof, viele Menschen verstehen aufgrund der Geräuschkulisse die Ansagen am Glas nur schlecht. Wie schön wäre da eine Laufschrift an der Anzeigetafel. Nicht nur für Gehörlose!
Wer seine Lesebrille vergessen hat und versucht, an einem Fahrkartenautomaten ein Ticket zu kaufen oder gar einen Geldautomaten zu bedienen, fragt sich vielleicht, wie Sehbehinderte das eigentlich machen, und ob es keine bessere Lösung als die viel geliebten Touchscreens gibt.
Wer sich am Bein verletzt hat und mit Krücken durch die Gegend humpelt, freut sich über breite oder gar automatisch öffnende Türen ebenso wie die Eltern mit Kinderwagen, der Rollifahrer, die Oma mit dem Rollator oder der Paketbote mit den Weihnachtsgeschenken.
Gar nicht zu reden von der Frage, ob Lebensmittelverpackungen so kompliziert aufzumachen sein müssen, dass man es weder mit Gipsarm noch mit arthritischen Fingern noch mit eingeschränktem Sehvermögen vernünftig hinkriegt.

Ja, natürlich ist in meinem Leben auch nicht immer alles barrierefrei. Manchmal vergesse ich die Bildbeschreibung, wenn ich ein Foto bei Twitter hochlade. Dass ich nicht in Leichter Sprache schreibe, kann jeder hier in meinem Blog lesen. Dass es in meinem LKW-Forum ein Captcha für die Neuanmeldung gibt, das wird sich noch ändern.

Es sind Kleinigkeiten, die man ändern kann, die aber schon einen Unterschied machen können. Ich hoffe, dass es noch viele dieser kleinen und auch großen Veränderungen geben wird, dass solche Tweets wie der von Ulrike irgendwann einmal der Vergangenheit angehören.

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Stark oder schwach oder beides

„Du bis ssu stark fur eine Frau.“ sagte vor Jahren einer meiner WG-Mitbewohner zu mir, als ich, die Musikstudentin, das Telefon reparierte, was ihm, dem E-Technik-Studenten, nicht gelingen wollte. Sein Frauenbild aus dem heimischen Dorf irgendwo in Afrika war ein ganz anderes als das, was er in unserer WG kennenlernte, und auch wir lernten einiges dazu in den wenigen Monaten, in denen wir Wohnzimmer und Küche teilten.

Zu stark, stark genug, schwach oder zu schwach, woran macht man das eigentlich fest?
Im Grunde ist es ja ganz oft eine Frage der Perspektive. Wo stehe ich, wie erlebe ich eine Situation, wie erlebe ich mich in dieser Situation?

Ich wirke auf viele Menschen ziemlich stark und belastbar. Und in vielen Bereichen bin ich es auch. In manchen jedoch überhaupt nicht. Und das kann für Menschen, die nur meine starke Seite kennen, verwirrend oder gar unrealistisch sein. Gerade im Moment, wo ich nicht hundertprozentig fit bin, kommt es immer wieder dazu, dass mir jemand sagt, er könne überhaupt nicht verstehen, was mein Problem sei, ich solle mich doch nicht so hängenlassen, ich würde mich doch sonst auch nicht so anstellen. Ich weiß, dass es schwierig sein kann, Schwäche und die eigene Hilflosigkeit als Außenstehender einfach mal zuzulassen, deshalb versuche ich, mir solche Aussagen nicht zu Herzen zu nehmen, aber manchmal treffen sie mich doch.
Gäbe es einen Schalter, den ich einfach nur umlegen müsste und alles wäre wieder wie vor drei oder vier Monaten, dann würde ich das möglicherweise tun. Da es diesen Schalter aber nicht gibt, kann ich nur jeden Tag ein Stück weitergehen auf meinem Weg und freue mich über jeden Moment, in dem ich einfach so sein kann, wie ich im Moment bin, ohne mich dafür rechtfertigen zu müssen, dass es mir nicht gut geht.

Ich neige dazu, schnell zu sein. Diese Eigenschaft ist oft hilfreich, aber für Dinge, die Zeit brauchen, ziemlich hinderlich. Da mache ich gerade wieder einen großen Lernprozess durch, und vor allem merke ich eines, dass ich nämlich gleichzeitig stark und schwach sein kann und dass beides zu mir gehört.
Dass ich Menschen in meinem Leben habe, die mir das zugestehen und mich auf meinem Weg begleiten, macht mich sehr froh.

Ich wünsche allen, die auch ab und zu aus dem Rahmen fallen oder nicht in Schubladen eingeordnet werden können oder wollen, dass sie etwas finden, was ihnen Kraft gibt. Kraft, um gleichzeitig stark und schwach zu sein, so wie es gerade passt.

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„Das geht dann aber zu weit“

Über den gemeinsamen Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Kindern wird mitunter heiß diskutiert.

Welche Befürchtungen wohl hinter diesem Stoßseufzer eines Lehrers stehen, den ich vor einigen Tagen hörte?

„Ein Kollege hat jetzt auch so einen in der Klasse, einen mit Downsyndrom. Und der springt in jeder Stunde auf und rennt nach vorne und umarmt den Lehrer. Also, das geht dann doch zu weit, für sowas sind wir nicht ausgebildet.“

Wer kümmert sich eigentlich um diese Fragen von Lehrern? Der Herr dürfte kein Einzelfall sein.

Ich hätte gerne intensiver mit ihm über das Thema gesprochen, aber er wollte nicht so recht darüber reden. Vielleicht ja ein anderes Mal.

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Neue Kampagne der UN gegen Diskrimierung und Sexismus

Wer hätte gedacht, dass mir die UN einen neuen Blogpost beschert, und zwar „einfach“ nur deshalb, weil es zu den Bildern der neuen Kampagne keine Alternativtexte gibt. Zumindest habe ich keine gesehen.
Aber der Reihe nach.

Bei Twitter wurde ich heute dank @oetting auf die neue Kampagne der UN gegen Diskriminierung von Frauen und gegen Sexismus aufmerksam gemacht.

Die Kampagne basiert auf aktuellen Suchmaschinenergebissen, was Frauen müssten, dürfen, sollten, oder auch nicht und ist sehr beeindruckend.

Damit es sich auch für meine blinden Freunde lohnt, der Link zur Kampagne anzuklicken, beschreibe ich hier, was man auf den Bildern sieht. Ich beziehe mich dabei auf die Reihenfolge der Bilder, wie sie hier im Link zu sehen ist (http://www.unwomen.org/en/news/stories/2013/10/women-should-ads).

Das erste Bild zeigt alle vier Kampagnenfotos nebeneinander. Wir sehen vier recht junge Frauen unterschiedlicher Herkunft, die alle recht ernst in die Kamera blicken.
Die nächsten vier Bilder sind größer und zeigen jeweils eines der Kampagnenfotos. Das Gesicht der Frau füllt das Bild nahezu komplett aus. Über ihrem Mund liegt ein Textfeld, das wie ein Knebel wirkt, und darauf stehen jeweils die Topergebnisse der Suchmaschine.
Bild 1:
Women cannot
Women cannot drive
Women cannot be bishops
Women cannot be trusted
Women cannot speak in church

Bild 2:
Women shouldn’t
Women shouldn’t have rights
Women shouldn’t vote
Women shouldn’t work
Women shouldn’t box

Bild 3:
Women should
Women should stay at home
Women should be slaves
Women should be in the kitchen
Women should not speak in church

Bild 4:
Women need to
Women need to be put in their place
Women need to know their place
Women need to be controlled
Women need to be disciplined

Ich werde die Texte nicht weiter kommentieren, zumindest im Moment nicht. Mir war es nur wichtig, dass nicht nur Menschen, die sehen können, Zugang zu dieser Kampagne bekommen.

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Spaß im Erste-Hilfe-Kurs

Ja, richtig gelesen. Erste-Hilfe-Kurse können Spaß machen. Dazu müssen die Voraussetzungen stimmen, u.a. sollte der Ausbilder oder die Ausbilderin Spaß haben und die Teilnehmer motivieren können.
Wer mein Blog schon länger liest oder mir bei Twitter folgt, weiß, dass ich einen Teil meiner Freizeit damit verbringe, anderen Menschen Erste Hilfe beizubringen. Ich freue mich über jeden Teilnehmer, und ganz besonders freue ich mich, wenn ich am Ende des Kurses die Rückmeldung bekomme, dass es Spaß gemacht habe und man nun auch nicht mehr so viel Angst vor dem Helfen hat. Das schaffe ich sicher nicht bei jedem Teilnehmer, aber ich lege Wert darauf, dass niemand die Zeit einfach nur absitzt und von mir zugelabert wird, sondern dass ich viele Lernangebote mache, die meine Teilnehmer dann annehmen können (oder auch nicht).
[Ich meine ja auch, dass die Kurse nicht nur Spaß machen können, sondern auch sollen, weil man dann auch eher Lust darauf bekommt, anderen zu helfen. Das ist aber ein anderes Thema für einen anderen Tag.]

Einen besonders schönen Kurs hatte ich am vergangenen Samstag. Es war ein eintägiger Kurs in Lebensrettenden Sofortmaßnahmen, die Teilnehmerzahl war ziemlich überschaubar, die Gruppe bunt gemischt. Von Fahrschülern bis hin zu Interessierten, die einfach mal Erste Hilfe lernen wollten.

Ein Teilnehmer hatte eine sichtbare körperliche Einschränkung. Ihm fehlte ein Unterarm.
Nun muss man ja in der Ersten Hilfe im wahrsten Sinne des Wortes Hand anlegen. Mein Einfallsreichtum war gefragt, die Maßnahmen für diesen Teilnehmer so anzupassen, dass er sie auch durchführen konnte.
Was im Laufe des Tages geschah, hat mich unheimlich gefreut. Irgendwann saßen alle da und diskutierten miteinander, wie dieser Teilnehmer mit seinen Möglichkeiten am besten helfen könnte. Da wurde gemeinsam ausprobiert, vorgeschlagen, nachgemacht, geredet und gelacht, und es musste niemand dazu aufgefordert werden.

Das ist es, was ich meine, wenn ich von Inklusion spreche. Dass Menschen sich gegenseitig annehmen und gemeinsam Lösungen suchen, und dass jeder nach seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten mit dabei sein kann.

Für mich sind solche Momente sehr wertvoll und sehr schön, und das wollte ich heute einfach mal mit Ihnen und Euch, liebe Leserinnen und Leser, teilen.

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