„Was hast du eigentlich nur immer mit dieser Inklusion, du bist doch gar nicht behindert.“ fragte mich neulich jemand, als wir uns über das Thema Untertitel und Hörfilme unterhielten.
Dieser Jemand sagte dann, Inklusion sei hauptsächlich für Menschen, die einen Behinderten in der Familie hätten oder sich beruflich mit Behinderten befassten. „Für uns Normale ist das doch unwichtig.“
Ja, was hab ich denn auch nur immer mit der Inklusion? Ich bin mit guter Gesundheit gesegnet, ich bin nur ziemlich kurzsichtig, was sich durch eine Brille ausgleichen lässt, und bis auf die Tatsache, dass ich LKW und ölige Hände liebe und eine schlechte Hausfrau bin, bin ich derzeit wohl weitgehend normal.
Was kümmert’s mich also, ob Fernsehsendungen untertitelt sind, ob es Hörfilme und Hörbücher gibt, ob Räume barrierefrei zugänglich sind, ob Führhunde in ein Geschäft dürfen?
Für den Jemand war das im Verlauf des Gesprächs plötzlich klar: „Ach so, na, du hast behinderte Freunde, um die musst du dich natürlich kümmern.“
Freundschaft ist vielschichtig. Manchmal kümmern sich Freunde umeinander, stimmt. Aber es ist doch beileibe nicht so, dass Freundschaft auf einem Gefälle basiert, auf „einer hilft immer“ und „einer braucht immer Hilfe“. Freundschaft ist ein Geben und Nehmen, und wir haben alle unsere Stärken und Schwächen, unsere Vorlieben und Abneigungen, wir sind in erster Linie Menschen.
Man mag mich naiv nennen, aber ich bin der festen Überzeugung, dass unsere Gesellschaft dann am besten funktioniert, wenn alle dabei sind.
Was haben wir denn davon, wenn wir diejenigen, die vermeintlich anders sind, außen vor lassen? Und vor allem, ist diese „Normalität“, an die sich viele so klammern, nicht nur eine Momentaufnahme? Wer definiert, was „normal“ ist? Und warum sollte sich jemand verstecken, der nicht in dieses Bild passt?
Glatzköpfe und Langhaarige, Kluge und Langsamdenker, Blindfische und Weitsichtige, Tänzer und Stillsitzer, Handwerker und Mundwerker, wie langweilig wäre doch die Welt, wenn es keine Besonderheiten gäbe.
Und dass alle Menschen die gleichen Rechte und Möglichkeiten haben, sollte selbstverständlich sein. Wir alle profitieren davon.
Dass man darüber überhaupt diskutieren muss, ist das, was für mich nicht normal ist.
Das ist ein sehr schöner Text. Du hast völlig recht.
Wer definiert überhaupt, was „normal“ ist? Wer ist eigentlich „behindert“?
Ist nicht dieser „jemand“ behindert, der nicht zu erkennen vermag, dass manche Menschen im Alter weitsichtig werden oder vergesslich, andere sich Zahlen sehr gut merken können und wieder andere mit den Händen sprechen. Inklusion heißt doch, dass alle „normal“ sind und dazugehören, welche Haar- oder Augenfarbe sie auch immer haben mögen oder mit welchem Stock sie auch immer herumlaufen.
Vielfalt ist der größte Reichtum, den die Natur kennt. Ohne diese Vielfalt gäbe es nur Einfalt. Die Natur wäre ohne sie nicht überlebensfähig.
fjh