Mit dem Hausboot unterwegs

Ich bin immer noch ganz begeistert von unserem Urlaub auf dem Rhein-Marne-Kanal mit einem Hausboot – wir waren das erste Mal zu viert unterwegs, mein Mann, meine Schwiegermutter, meine Schwägerin und ich. Das ist insofern auch etwas Besonderes, weil das Verhältnis zu den beiden Damen über viele Jahre ausgesprochen schwierig war und sich erst in der letzten Zeit normalisiert hat. Aber es hat wunderbar funktioniert, es gab keine großen Reibereien, und über kleine Nickeligkeiten kann man leicht hinwegsehen.

Schon in der Vorbereitung habe ich gemerkt, wie unterschiedlich doch unsere Herangehensweisen an die Sache sind. Während ich mir auf dem Flussreiseführer zwar eine grobe Route überlegt hatte, ansonsten aber alles auf mich zukommen lassen wollte, machte sich meine Schwägerin Gedanken um Strom für den Fön und darum, welche und wie viele Klamotten wohl mitzunehmen seien. Meine Schwiegermutter dachte ans Einkaufen und mein Mann bat mich, doch einen detaillierten Plan zu machen, um den beiden die Sorge zu nehmen, sie wüssten nicht, was auf sie zukommt.

Das machte ich dann auch und gleich der erste Punkt auf dem Plan funktionierte nicht, da das ausgesuchte Restaurant fürs Mittagessen auf der Hinfahrt nicht mehr existierte 😉 Aber das war gar nicht schlimm, denn keine 500m weiter fand sich ein geöffnetes Lokal, wo wir fürstlich speisten und alle zufrieden waren: Aux Berges de la moder, 8 rue de la gare, 67590 Schweighouse-sur-Moder (absichtlich ohne Link zur FB-Seite des Restaurants. Kann bei Interesse ja über Suchmaschinen gefunden werden.)

Ab 16 Uhr sei unser Boot abholbereit, hieß es vom Vermieter. Wir kamen pünktlich an und konnten dann auch erst einmal entspannen, da vier Boote zu übergeben waren und einer der Mitarbeiter zwischen Tür und Angel rief, er käme noch, aber sei alleine und es würde dauern. Wir waren ja im Urlaub und nicht auf der Flucht und ließen ihn das auch wissen – was witzigerweise dazu führte, dass er uns doch schon unser Boot, die „Rose“, zeigte und sagte, wir sollten das Gepäck schon einmal an Bord bringen, die Einweisung würde er dann später machen. Wir teilten uns dann auf; die Schwägerin und ich fuhren einkaufen und die anderen beiden machten das Boot klar. Als wir vom Einkaufen zurückkamen, kam das Boot gerade von der Einweisungsfahrt zurück, mit einem anderen Mitarbeiter, der uns sagte, wir hätten mit meinem Mann einen tollen Skipper und er sei sehr zuversichtlich.

Da es mittlerweile schon Abend war, beschlossen wir, im Hafen zu bleiben und erst am nächsten Morgen zu starten. Das taten wir dann auch und waren gegen halb zehn die ersten, die den Hafen verließen. Wir fuhren ein kurzes Stück, um den Rhein-Marne-Kanal zu erreichen und bogen dann in Richtung Nancy ab.

Die erste Schleuse auf unserer Strecke ist gleichzeitig die spektakulärste: Réchicourt, fast 16m werden durch eine einzige Schleuse überwunden. Früher gab es eine Schleusentreppe mit sechs Schleusen, heute eben nur die eine. Es herrscht Rettungswestenpflicht in der Schleuse. Nach einer Wartezeit ging es dann los. Drei Boote passten gleichzeitig in die Schleusenkammer. Bei der Einfahrt gab es ein paar kurze Tipps für die Leinen vom Schleusenwärter und dazu eine Fernbedienung für alle weiteren Schleusen in Richtung Nancy. Und dann ging es schon nach unten. Abwärts zu schleusen ist im Grunde unkompliziert, auch wenn es 16m nach unten geht.

Die Sache mit der Fernbedienung ist ebenfalls kein Hexenwerk. Vor den Schleusen gibt es ein Schild, bei dessen Erreichen (oder für Ungeduldige auch vorher) man auf den (einzigen) Knopf der Fernbedienung drückt, was mit einem blinkenden orangenen Licht quittiert wird. Nähert man sich dann der Schleuse, zeigt ein gelbes Blinklicht an, dass die Schleuse vorbereitet wird. Dann muss man nur noch auf die üblichen roten und grünen Lichtzeichen der Schleuse achten und bei geöffnetem Tor einfahren. Leinen festmachen, Schleuse durch manuelle Betätigung einer Stange in Gang setzen, und los geht’s. Schon nach wenigen Schleusen waren wir ein eingespieltes Team: ich vorne an den Leinen, meine Schwiegermutter hinten, mein Mann am Steuerstand und meine Schwägerin als Schleusenbetätigerin und Leinenhelferin.

Unser erster Stopp zur kleinen Mittagspause konnte auch nicht wie geplant stattfinden – wenn an einem Anleger normalerweise locker Platz für mindestens zwei Boote ist, ein Boot aber so festgemacht ist, dass weder vorne noch hinten noch Platz ist, dann haut das halt nicht hin. Schade, wenn Menschen beim Festmachen so wenig mitdenken, aber so ist das halt. Wir fanden ein Stück weiter einen schönen Platz in der Nähe einer Schleuse. Dort gab es sogar einen Picknicktisch, der aber bereits belegt war. So genossen wir unser Mittagessen auf Deck.

Vom Wetter her hatten wir riesiges Glück – es hat in der ganzen Woche nur zweimal geregnet, und ansonsten war es entweder bewölkt und trocken oder sonnig und trocken.

Die nächste Nacht verbrachten wir im Hafen von Lagarde. Da sich dort die Basis eines weiteren Bootsverleihers befindet, sollte man genau schauen, welche Liegeplätze als Gastplätze gekennzeichnet sind. Es gibt an sich genug Platz, aber auch hier gab es wieder einige, die beim Festmachen nur an sich selbst und nicht an nachfolgende Boote gedacht hatten.

Weiter ging es bis Sommerviller. Das ist ein kleiner Anleger ohne Elektrizität und Wasser – dafür aber mit einer fußläufig erreichbaren Bäckerei, die ganz wunderbare Törtchen macht. Und die Baguettes sind eh überall in Frankreich lecker. (Boulangerie Sanchez, 1 Rue de Lorraine, 54110 Sommerviller)

Am nächsten Tag erreichten wir Nancy. Obwohl wir bereits am frühen Nachmittag eintrafen, gab es im Hafen nur noch einen Liegeplatz. Später sortierte der Hafenmeister dann noch ein paar Boote um und schaffte so drei weitere Plätze, aber eng war es doch. Wir gingen abends essen – mal nicht französisch, sondern Burger, aber auch die waren teilweise französisch angehaucht und sehr, sehr gut. (Voyou Burger, 20 rue Stanislas, 54000 Nancy). Im Hafen gab es Strom und Frischwasser.

Schon war die Hälfte der Woche vorbei und wir fuhren zurück in die Richtung, aus der wir gekommen waren. Beim Aufwärtsschleusen setzt man vor der Schleuse ein Besatzungsmitglied ab, das in der Schleusenkammer die Leinen entgegennehmen kann und dann auch wieder die Schleuse betätigt. Auch hier war die Rollenverteilung wieder klar und wir arbeiteten als Team perfekt zusammen.

Dann kamen wir zu einer Schleuse, die noch nicht frei war, und machten am Ufer fest, um zu warten. Wenn die Schleusenkammer gerade gefüllt ist, muss das Wasser ja wieder raus, wenn man bergauf schleusen möchte. Oft kommt es da zu größeren Verwirbelungen. Entweder wartet man also in gebührendem Abstand vor der Schleuse, oder man macht das Boot halt kurz fest. Vor uns lag ein weiteres Hausboot – die Benutzer nahmen das Thema insgesamt aber ziemlich locker, und das Boot trieb entsprechend ab, weil es nicht ordentlich festgemacht war. Da wurde dann auch nicht mal die Kaffeetasse beiseite gestellt, sondern nur nach einem weiteren Besatzungsmitglied gerufen, das aber gerade anderweitig beschäftigt war. Nun ja. Dass man ohne Bootsführerschein Hausboot fahren darf, heißt ja eigentlich nicht, dass man gar nicht mitdenken muss.
Jedenfalls fuhren wir gemeinsam in die Schleusenkammer und die andere Besatzung beklagte sich, dass wir uns einen der Poller zum Festmachen teilten. Dass das kein Problem ist, wollten sie nicht so recht glauben und machten in der nächsten Schleuse ganz vorne fest, um ihre eigenen Poller zu haben.
Nun gibt es beim Bergaufschleusen ja auch in der Schleusenkammer entsprechende Verwirbelungen im Wasser. Deshalb ist es hilfreich, wenn man seine Leinen ordentlich führt und wenn einer am Ruder bleibt. Die andere Bootsbesatzung sah das irgendwie anders, ließ sowohl die Leinen alleine als auch den Steuerstand. Es kam, wie es kommen musste. Das Boot wurde nach vorne gezogen und bekam Kontakt mit dem Schleusentor. Und aufgrund seiner Bauweise blieb es dann an einem der Querriegel des Schleusentors hängen. Sprich, der Bug wurde nach unten gezogen und das Heck kam aus dem Wasser. Meine Schwägerin, die ja draußen stand, sprang noch hin, um das Boot an der hinteren Leine festzuhalten. Ein Teil der Besatzung, der sich eben noch gesonnt hatte, begab sich zum Steuerstand, aber die versuchte Rückwärtsfahrt scheiterte daran, dass die Schraube bereits aus dem Wasser war.
Es blieb uns also nur, den Notausschalter zu betätigen und dann auf den zuständigen Schleusenmenschen zu warten. Der kam, begutachtete sein Schleusentor (das nichts abbekommen hat) und belehrte die Bootsbesatzung – da diese jedoch kein Französisch sprach, lief ein Teil seines Vortrags wohl ins Leere.
Der Schleusvorgang wurde dann manuell durch den Mitarbeiter beendet und es ging weiter.

Später trafen wir den Mitarbeiter dann noch einmal, weil eine andere Schleuse Probleme machte, und er lobte unsere Teamarbeit und meinte, wie wir das machten, sähe sehr gut aus. Dass wir mit ihm französisch schwätzen konnten, erleichterte die ganze Sache natürlich auch.

Für die nächste Übernachtung machten wir in Einville-au-Jard fest und kauften im örtlichen Gemischtwarenladen ein wenig ein. Es gibt in Einville fast direkt am Hafen auch ein Restaurant, das wir aber nicht besuchten, weil wir meist selbst kochten.

Am nächsten Tag ging es weiter bis Port Ste Marie, wo wir das Boot mal wieder an die Steckdose hängten und auch Frischwasser auffüllten.

Dann brach auch schon der vorletzte Tag der Bootswoche an und wir nahmen die große Schleuse von Réchicourt wieder nach oben, gaben unsere Fernbedienung ab und fuhren ohne weitere Schleusvorgänge noch ein Stück Richtung Strasbourg bis Hesse, wo wir eine kleine Pause machten und von dort aus dann zurück zu unserer Basis fuhren.

Dort verbrachten wir den letzten Abend an Bord und genossen das leichte Plätschern des Wassers, das uns beim Einschlafen begleitete.

Fazit dieser Woche: ich langweilte mich keine Minute und war trotzdem tiefenentspannt. Mein Strickzeug hätte ich zuhause lassen können, da ich tagsüber mit Gucken und Leinenführen beschäftigt war und es sich abends auch nicht wirklich ergab. Was man unbedingt haben sollte, ist Mückenspray und Sonnenschutz (hatten wir beides) und ordentliche Handschuhe (hatten wir auch), um gefahrlos mit den Leinen arbeiten zu können. Ein wenig Gefühl für so ein Boot zu entwickeln schadet ebenfalls nicht. Ich habe jetzt aber Lust, endlich mal den Bootsführerschein zu machen. Mal sehen, ob und wann ich dazu komme.

Es war jedenfalls ein ganz wunderbarer Urlaub und ist zur Nachahmung und Wiederholung empfohlen 🙂

 

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