Aus meinem Bücherschrank: „Dies ist mein letztes Lied“ von Lena Richter

Gut Ding will Weile haben, heißt es. Im Sommer wurde ich auf „Dies ist mein letztes Lied“ von Lena Richter aufmerksam – aber ich weiß nicht mehr, wie es dazu kam. Ich vermute, dass ich irgendwo im Fediverse darüber gelesen hatte, und gerne hätte ich mich bei der Person bedankt, die mich darauf stieß, allein, ich komm beim besten Willen nicht mehr drauf.

Nachdem ich mir das Buch bei der Autorenwelt bestellt hatte, lag es eine Weile auf dem großen Stapel der ungelesenen Bücher.

Doch jetzt habe ich es gelesen und war davon so berührt, dass ich kurz darüber schreiben wollte.

Gleich kam meine innere Perfektionistin um die Ecke und nölte, dass ich doch nicht jetzt über ein Buch schreiben könne, das schon Anfang 2023 erschienen ist, damit sei ich doch viel zu spät dran und wer würde überhaupt bei mir davon lesen wollen, wo ich doch weder Buchbloggerin bin noch besonders viel Ahnung habe.

Nun ja. Dankenswerterweise gibt es aber im Fedi viele tolle Menschen, und nachdem ich die Frage gestellt hatte, ob ich jetzt einen Blogbeitrag zum Buch schreiben sollte oder ob das irgendwie seltsam wäre, bekam ich unheimlich viel Ermunterung und positive Kommentare.

Also gibt es ihn nun, den Blogbeitrag zum Buch.

„Dies ist mein letztes Lied“ erschien im Verlag ohneohren und ist beschrieben als eine „Novelle über Kunst und ihre Grenzen, über Hoffnung und Hilflosigkeit, über das Zuhören und das Finden der eigenen Melodie“.

Als Musikerin hat mich der Titel sehr angesprochen. Ich hatte keine Rezensionen des Buches vorab gelesen und konnte mich ganz unvoreingenommen auf die Geschichte von Qui einlassen.

Wer oder was Qui genau ist wird gar nicht groß erklärt, ist aber für die Handlung auch nicht wirklich bedeutsam. Das erste Kapitel, „Auftakt“, verweist bereits auf das Ende, das Finale, und macht gleichzeitig neugierig auf den Weg, den Qui bis dahin zurückgelegt hat. In acht Liedern (Kapiteln) wird dieser Weg erzählt. Qui entdeckt eine Leidenschaft aus der Kindheit wieder, nämlich das Musizieren (auf Tasteninstrumenten) und durch die Musik, die Qui spielt, gehen Türen auf – Türen, durch die nur Qui gehen kann und die in andere Welten führen, auf andere Planeten, quer durchs Universum. Irgendwann wird es eine allerletzte Tür geben, das weiß Qui oder ahnt es zumindest, und deshalb gibt es auch das letzte Lied. Das Buch endet mit dem „Schlussstück“.

Ich möchte die einzelnen Kapitel oder Lieder nicht näher beschreiben. Für mich war es eine Entdeckungsreise ohne Reiseführer und die möchte ich auch anderen gönnen. Wer mehr wissen möchte, ohne das Buch gleich zu lesen, sei auf andere Rezensionen verwiesen (Suchmaschinen finden tatsächlich einiges).

Den Schreibstil von Lena Richter fand ich sehr angenehm und flüssig und was mir besonders gut gefallen hat, ist, wie selbstverständlich und unverkrampft Neopronomen vorkommen. Ich habe da schon viel verkopftere Sachen gelesen. Vor jedem Kapitel gibt es Inhaltshinweise, die ich nur überflogen habe, aber Menschen, für die das wichtig ist, werden davon profitieren.

„Dies ist mein letztes Lied“ brachte einige Saiten in mir zum Klingen, und ich könnte nicht einmal konkret sagen, welche das sind und warum. Dass ich zwischendurch mal zum Taschentuch greifen musste, passiert mir jedenfalls nicht bei vielen Büchern. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb mochte ich es sehr. Manches kam mir bekannt vor. So hatte ich selbst einmal einige Jahre Pause von der Musik gemacht (heute frage ich mich manchmal, wieso eigentlich, aber das ist eine andere Geschichte) und konnte das Gefühl, das Qui hatte, als Qui wieder am Instrument saß, sehr gut nachvollziehen. Durch Musik gehen Türen auf, wenn auch in meiner Welt nicht unbedingt Abschiede damit verbunden sind.

Aber für vieles gibt es ein letztes Mal und folglich auch ein letztes Lied und ich kann mir vorstellen, dass diese Analogie auch Menschen anspricht, die nicht aktiv Musik machen oder für die Musik in ihrem Leben nicht so präsent ist.

Wer sich fragt, ob ein Buch, in dem ferne Welten und unbekannte Planeten und Raumschiffe und nicht näher definierte Wesen vorkommen, für Menschen ohne Science Fiction oder Fantasy-Affinität überhaupt etwas sein könnte: meine Lesevorlieben sind bunt gemischt und ich würde mich weder eindeutig der SciFi oder der Fantasy Zielgruppe zuordnen. Ich bin einfach neugierig und die Geschichte setzt keinerlei Hintergrundwissen der genannten Bereiche voraus, so dass meine Antwort auf die Frage „Ist das etwas für mich?“ durchaus Ja lauten würde.

Als ich gestern auf die Verlagsseite ging, weil ich dorthin verlinken wollte, las ich dort einen Hinweis, dass dem Verlag Änderungen ins Haus stehen und es keine Nachdrucke mehr geben wird. Möglicherweise müsst Ihr also schnell sein, wenn Ihr das Buch haben wollt. Lasst Euch nicht so viel Zeit wie ich. 😉

2 Comments

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2 Responses to Aus meinem Bücherschrank: „Dies ist mein letztes Lied“ von Lena Richter

  1. Birgit

    Hallo Andijah,

    bitte entschuldige, dass ich dir schreibe, als von Verlagsseite sollte man sich eigentlich auch aus Rezis aushalten und sie nur genießen – wie diese hier, danke dafür!

    Aber ich möchte kurz auf deine Zweifel eingehen, ob es sich überhaupt noch lohnt, ein schon etwas „älteres“ Buch zu rezensieren: JA! Gerade Kleinverlage haben nicht die Mittel, bei Hypes mitzumischen und sind eigentlich auf Longseller angewiesen, und es gibt da draußen auch einige Lesende (wie mich, privat), die aktuell wenig finden und deshalb gerade darauf angewiesen sind, ältere Bücher zu entdecken, die passen könnten.

    Und letztlich können Bücher nur so zu Klassikern werden, indem sie auch über lange Zeit Menschen bewegen und berühren. (Nicht, dass ich annehme, dass unsere Bücher Klassiker werden könnten, aber wenn, dann geht es nur so.)

    Insofern vielen vielen Dank, dass du auch älteren Büchern eine Chance und Sichtbarkeit gibst.

    Liebe Grüße
    Birgit (die freie Mitarbeiterin)

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