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Der Mann mit der fleischfarbenen Badekappe

Gestern erhielt ich die Nachricht, dass mein ehemaliger Klavier- und Akkordeonlehrer Rolf Waldhier mit gerade mal 64 Jahren gestorben ist.

Der Mann mit der fleischfarbenen Badekappe, wie er sich selbst wegen seiner Glatze mitunter augenzwinkernd nannte, hat mein musikalisches Leben stark geprägt.

Ich war 14, als ich zu ihm in den Klavierunterricht kam. Wir waren gerade in eine neue Stadt gezogen, ich war ein bisserl rebellisch, wie das halt so ist, und dann kam er und verlangte von mir allen Ernstes, ich sollte mal ordentlich üben und vor allem mit sinnvollen Fingersätzen arbeiten. Was hab ich geschimpft. Aber ich habe es gemacht, und es war gut. Hätte ich ihn nicht gehabt, wer weiß, ob ich jemals eine Aufnahmeprüfung an einer Musikhochschule auch nur versucht hätte.

Er war ein uriger Typ. Heute undenkbar, saß er in seinem kleinen Unterrichtszimmer, das mit Klavier und Heimorgel und Keyboard vollgestopft war, drehte sich in aller Ruhe eine Kippe oder auch zwei, und paffte diese, während er mich in die Geheimnisse der Bachschen Fuge einwies oder vierhändig Blues mit mir spielte.

Von ihm lernte ich Jazz, Boogie, Blues, Swing, er hörte sich meine selbstgeschriebenen Lieder an und sparte nicht mit Kritik, z.B. als ich unbewusst einen Teil der Melodie von „This land is your land“ aufgenommen und stolz als meine Kreation vorgestellt hatte.

Auch Akkordeon lernte ich bei ihm und manche Stunde wurde auch einfach nur verquatscht.

Unvergessen unser gemeinsamer Auftritt bei einem Musikschulfest, als wir mit den Worten „Jetzt kommt Tea for two, ein Stück für zwei Klavierspieler und zwei Blätterer“ angekündigt wurden.

Ihm habe ich es zu verdanken, dass ich fünf Jahre lang in der Schul-Big-Band die Pianistin war und mir niemand diesen Posten streitig machte, weil ich einfach zu gut war, um ersetzt zu werden. Ihm habe ich es zu verdanken, dass ich mein Studium an der Musikhochschule beginnen konnte. Ganz zu schweigen von den vielen kleinen Lebensweisheiten, die er mir mitgegeben hat, und von der Erinnerung an einen Mann, der stets so ein kleines Funkeln in den Augen hatte und immer zu schmunzeln schien.

Wir haben uns das letzte Mal vor etwa zehn Jahren getroffen und miteinander Kaffee getrunken. Ich werde ihn nicht vergessen. Danke für alles, Rolf!

Die A-Cappella-Gruppe Six Pack schrieb hier einen kurzen Nachruf: http://six-pack.eu/rolf-waldhier-ehemaliger-musikalischer-leiter-von-six-pack-verstorben/

 

 

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„Er fehlt überall…“

„Er fehlt überall“, sagte meine Nachbarin vor ein paar Tagen, als wir im Gespräch auf ihren Vater kamen, der Anfang November beerdigt wurde. Obba Herbert, wie wir alle sagten und wie auch wir zu ihm sagen durften, war ein Unikum. Er war gelernter Weißbinder und Hobbyobstbauer und hatte eigentlich immer etwas zu tun, zu reparieren oder anzustreichen. Wie so viele seiner Generation hat er nie darüber gesprochen, wenn es ihm einmal schlecht ging, aber in den letzten Monaten vor seinem Tod war es deutlich zu sehen, dass er kämpfte.

„Er fehlt überall“, das haben wir in meiner Familie zwar noch nicht gesagt über unseren Verlust kurz vor Weihnachten, aber das wird noch kommen. Wir haben heute meinen Schwiegervater beerdigt und auch er wird schmerzlich vermisst. Er war derjenige, der bei jeder Familien- und anderen Feier die Fotos gemacht hat, und heute in der Kirche habe ich irgendwie immer darauf gewartet, dass er um die Ecke kommt und ein Bild schießt. Es ist ein komisches Gefühl, dass das künftig nicht mehr so sein wird.

Viele sagen ja, dass 2016 ein ganz schreckliches Jahr war, weil so viele Menschen gestorben sind. Viele denken dabei an Prominente, andere denken an die Kriegsopfer und Flüchtlinge, die auf der Suche nach Frieden und Sicherheit den Tod gefunden haben. Und wieder andere denken dabei an Familienmitglieder, Freunde, Bekannte, Nachbarn… wenn man jung ist, denkt man wohl eher selten über den Tod nach. Manchen ist ihr Glaube ein Trost, andere versuchen sich das rational zu erklären. Menschen trauern sehr unterschiedlich und ich finde es wichtig, sich diesen Raum zu nehmen und anderen diesen Raum zu geben. Das ist wichtiger als kluge Worte oder Sprüche, und doch so schwierig.

Für mich war 2016 ein Jahr mit Höhen und Tiefen, und es hätte ganz sicher nicht mit einer Beerdigung enden müssen, aber es hatte sehr viele positive Momente und wenn ich wirklich alles auf die Waagschale lege, so neigt es sich doch eindeutig zum Guten.

All meinen Leserinnen und Lesern danke ich dafür, dass sie hier vorbeischauen, und wünsche schon jetzt einen guten Start ins neue Jahr. Ich hoffe, dass es für jede und jeden etwas Schönes bereithält, und in traurigen Zeiten die nötige Kraft.

Wir lesen uns nächstes Jahr wieder.

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