Wer mir bei Twitter folgt, hat es mitbekommen: vor ein paar Tagen waren wir in Österreich und haben dort einen Traktor abgeholt.
Wir wollten „schon immer“ einen haben, und seit wir unser eigenes Haus nebst großem Grundstück auf dem Land haben, wurde dieser Wunsch konkreter.
Nun ist es ja so, dass es eine Vielzahl an Traktorherstellern gab und dass man die Qual der Wahl hat, welcher Traktor es denn nun sein soll. Alt, jung, mit Anbauteilen oder ohne, mit Verdeck/Fahrerhaus oder ohne, mit Allrad oder ohne (okay, diese Frage stellte sich für uns nicht wirklich. Allrad muss schon sein.), luftgekühlt oder wassergekühlt… wenn man dann mal anfängt zu suchen, stößt man sowohl auf restaurierte Exemplare, die vom Lack her besser aussehen als damals frisch aus der Fabrik, als auch auf bedauernswerte abgenudelte halbe Wracks, die zwar günstig in der Anschaffung, aber teuer in der Instandsetzung sind. Apropos günstig und teuer, die Preise für restaurierte Traktoren sind mitunter ziemlich abenteuerlich. Die Oldtimerszene scheint da in manchen Fällen den Bezug zur Realität verloren zu haben.
Aber wir wollten ja nun einen Traktor haben, also suchten wir danach. Und wie es der Zufall so wollte, stellte sich heraus, dass der Vater einer Kollegin meines Mannes seinen Oldtimertraktor verkaufen wollte. Aber nur an jemanden, der ihn „liebhaben“ würde (O-Ton Mutter der Kollegin). Wir bekamen per E-Mail Fotos und Kopien der Fahrzeugpapiere, es folgten einige Telefonate und dann der Entschluss, diesen Traktor zu kaufen. Dass er knapp 800km von unserem Zuhause entfernt stand, egal. Der Traktor war frisch restauriert und den Bildern nach zu urteilen in einem prächtigen Zustand. Die Bilder haben auch nicht gelogen, er steht wirklich hervorragend da.
Wir bereiteten uns nun auf die Abholung vor. Liehen uns von einem Freund einen Anhänger, mieteten ein Zugfahrzeug mit Allrad und ausreichender Anhängelast, buchten ein Zimmer im nächsten Dorf, und machten uns am Samstagmorgen frohgemut auf in die Steiermark. Das Wetter war wunderbar, strahlender Sonnenschein, und ab Niederbayern schneebedeckte Felder. Für mich als Winterfreundin besonders schön. Das erste kleine „Abenteuer“ folgte, nachdem wir von der Schnellstraße abgefahren waren (Navigation erfolgte per Straßenkarte und Blick auf Hinweisschilder): die Strecke entpuppte sich als kleine Landstraße über mehrere Berge, mit Steigungen bis zu 12%. Wie wir später feststellten, ist die Strecke offiziell für Anhängerbetrieb nicht empfohlen. Aber das sagt einem keiner vorher.
Trotzdem ging alles gut und wir erreichten den Gasthof Paunger in Miesenbach. Die Reservierung hatte unkompliziert geklappt, und sowohl das Zimmer als auch das Essen waren ganz hervorragend. Der Chef sorgte dafür, dass wir während unseres Aufenthalts eine bunte Mischung an kulinarischen Köstlichkeiten aus der Region bekamen und zauberte sogar Dinge, die nicht auf der Speisekarte standen.
In der Nacht zum Sonntag begann es zu schneien. Bis zum Morgen gab es gut 20cm Neuschnee. Das hielt uns aber nicht davon ab, nach dem Frühstück eine kleine Wanderung zu starten. Wir nahmen den Miesenbacher Wasserweg und verbrachten zwei herrliche Stunden an der frischen Luft. Am Nachmittag war Faulenzen angesagt und am Montagmorgen fuhren wir dann ins nächste Dorf zur Abholung des Traktors. Er stand schon auf dem Hof bereit und der Besitzer hatte gerade angefangen, uns von seinem Fahrzeug vorzuschwärmen, als seine Frau aus dem Haus kam und meinte, wir sollten doch erst einmal frühstücken. Das taten wir und die Zeit verging, aber wir schafften es dann doch noch vor dem Mittagessen vom Hof. Natürlich nicht ohne eine ausgiebige Einweisung ins Fahrzeug und einen alkoholfreien Cocktail, um auf den Verkauf anzustoßen.
Die Rückfahrt begann unspektakulär. Trotz Dauerschneefalls waren die Straßen gut befahrbar, zumindest eine Zeitlang. Dann wurde der Schnee auch auf der Autobahn mehr, und während wir noch die Verkehrsmeldungen über Vollsperrungen im Raum Wien hörten, begann auch auf unserer Strecke ein Stau, der zu einem längeren Stillstand führte. Es hatte sich ein LKW beim Versuch, eine Steigung ohne Ketten zu befahren, quergestellt, und so standen wir eine gute Stunde (oder auch mehr, ich habe die Zeit nicht gestoppt), bis es weiterging.
Unser ursprünglicher Plan sah vor, am Abend bei einem Bekannten vorbeizufahren, der sich bereit erklärt hatte, das für die Zulassung in Deutschland nötige Gutachten für den Traktor zu erstellen – mit einigen Stunden Verspätung kamen wir dann bei ihm an und wurden spontan eingeladen, zu übernachten. Das Angebot nahmen wir gerne an und machten uns am nächsten Morgen wieder auf, im Gepäck schon die ersten Tipps und Hinweise, was für ein erfolgreiches Gutachten am Traktor noch zu machen sei.
Und dann waren wir endlich zuhause. Ich startete den Traktor, fuhr vom Anhänger, fuhr noch etwa 10m weiter, und schon stand unser Nachbar neben mir und meinte, er habe doch ein neues Motorengeräusch vernommen. Ja, so ist das bei uns auf dem Land, nichts bleibt unbeobachtet.
Wir brachten noch das Zugfahrzeug wieder zurück und damit endete das erste Kapitel unserer Traktorgeschichte.
Am Nachmittag mussten wir natürlich schon ein bisserl fahren und Anhänger rangieren und sind mit dem Kauf sehr zufrieden.
Für die Technikinteressierten noch ein paar Details:
Es ist ein Warchalowski WT 30 A, Baujahr 1968 mit 30PS und Allradantrieb. Der Motor ist ein luftgekühlter V2, und wie viele Warchalowski-Traktoren überhaupt in Deutschland zugelassen sind, wissen wir noch nicht. Es können nicht viele sein – aber in Österreich ist die Marke recht populär, so dass es recht einfach ist, an Informationen und Handbücher zu kommen.
Mehr Traktorgeschichten demnächst.