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Suchen und Finden

Seit einer Weile poste ich auf meinem Twitteraccount Orgelmusik. Bisher ausschließlich von Komponistinnen. Zum Beispiel von Mel Bonis, Hedwige Chrétien, Hélène Tham, Kate Boundy, Emma Louise Ashford, um nur einige zu nennen.
Manchmal spiele ich Stücke, die ursprünglich für Cembalo geschrieben wurden – viele funktionieren auf der Orgel sehr gut. Manchmal lassen sich auch Klavierstücke für die Orgel adaptieren, und wenn sie auf der Orgel gut klingen, dann habe ich daran viel Spaß. Wenn nicht, spiele ich sie doch lieber am Klavier.

Neulich wurde ich gefragt, wo ich denn eigentlich diese ganze Musik finden würde.

Tja. Gute Frage! Weil ich mehr dazu sagen kann als in einen Tweet passt, blogge ich heute darüber. Eines vorweg: ich bin keine Wissenschaftlerin. Ich bin Musikerin, und mitunter recht pragmatisch. Und vor lauter Praxis komme ich irgendwie nicht dazu, aus meiner Liste mit den über 200 Namen von Frauen, die für Orgel komponiert haben, mehr zu machen. Aber ich arbeite dran, und hier im Blog gibt es ja auch schon den ein oder anderen Artikel zum Thema, so zum Beispiel mein Konzertprogramm zum 200. Geburtstag von Elizabeth Stirling und Clara Schumann (und dem 40. Geburtstag des Frankfurter Archivs Frau und Musik oder zum 50. Geburtstag einer Steinmeyer-Orgel, das zu meinem persönlichen „50-50-Projekt“ gehört. „50-50“ heißt, dass ich versuche, sowohl bei meinen sonntäglichen Orgeldiensten im Gottesdienst als auch bei Konzerten ein möglichst ausgewogenes Programm zusammenzustellen und Komponistinnen und Komponisten gleichberechtigt nebeneinander zu stellen.

Als ich (vor einigen Jahren) begann, mich mit Orgelmusik von Komponistinnen zu beschäftigen, bekam ich viele tolle Tipps von Morwenna und von Kathryn. Und so entstand der erste Blogbeitrag, dem einige Zeit später zwei weitere folgten (Nr. 2 und Nr. 3).

Ich kaufte mir den Schott-Sammelband für Orgel aus der Reihe „Frauen komponieren“ und stellte schnell fest, dass darin tolle Musik steckt, aber vieles davon auf den mir zur Verfügung stehenden kleinen Orgeln kaum machbar ist. Also suchte ich weiter.
Es gibt einige spezialisierte Verlage, bei denen sich das Stöbern lohnt: Furore und Certosa in Deutschland, Vivace Press in den USA.
Über Morwenna stieß ich auf die Sammlung von John Speller, der, soweit mir bekannt ist, bisher der Einzige ist, der die Werke von Emma Louise Ashford ausfindig macht und zur Verfügung stellt. Warum es von ihren unzähligen Stücken für Orgel und Harmonium noch keinen Sammelband gibt, ist mir schleierhaft. Gut, manches ist reine „Gebrauchsmusik“ für zwischendurch, aber deswegen noch lange nicht schlecht.
In einem Sammelband fand ich eine Bearbeitung des Präludiums in F von Fanny Hensel und dank Furore habe ich jetzt auch die Originalversion. Ein tolles Stück, und ich spiele es sehr gerne bei Hochzeiten.

Eine große Inspiration bei der Suche ist natürlich das Archiv Frau und Musik und vor allem die vielen tollen Menschen, die ich dort kennen gelernt habe und mit denen ich mich regelmäßig austausche. Auch bei Twitter tummeln sich unzählige Komponistinnen und auch wenn nur einige für Orgel schreiben, ergeben sich doch immer wieder Anknüpfungspunkte.

Seit einigen Jahren stehe ich in regelmäßigem Kontakt mit Carlotta Ferrari, die unheimlich spannende (moderne) Orgelmusik schreibt und bei IMSLP veröffentlicht.

Apropos IMSLP. Es gibt dort eine Liste mit Komponistinnen, die man allerdings nicht nach Werken oder Instrumentengattung sortieren kann. Da bleibt einem nicht viel übrig, als einfach zu stöbern und auf weiblich klingende Namen zu klicken und zu schauen und zu entdecken.

Eine ganz wunderbare Quelle für wunderbare Musik von Frauen und Männern ist Swedish Musical Heritage, wo man spezifisch nach Werken von Frauen suchen kann. Manches gibt es sogar als pdf zum Download.

Ich kaufe Noten oft direkt beim Verlag (Furore und Certosa als Beispiel), aber gerne auch beim Bodensee Musikversand. Die haben auch eine große Auswahl an Musik von Komponistinnen. Aber auch hier gilt: mit einem Namen anfangen, dann weiterklicken und entdecken. Einen einfachen Weg gibt es da nicht.

Manchmal wird man auch bei Seiten wie free-scores o.ä. fündig, da muss man aber schon wissen, was man sucht.

Also, wie mache ich das? Es hat sich einfach entwickelt, dass ich an einer Stelle anfing zu graben und Namen fand und dann weitersuchte und mehr Namen fand und dass ich heute über einen reichen Fundus an Noten verfüge (und auch immer noch nicht fertig bin), verdanke ich vor allem meiner Neugier und meiner Sturheit und vielleicht auch einem Händchen fürs Suchen – und der Tatsache, dass ich das jetzt schon ein paar Jahre mache.

Es gibt unheimlich viel zu entdecken, und um Ihnen und Euch, liebe Leserinnen und Leser, den Sucheinstieg ein wenig zu erleichtern, hier noch eine alphabetisch sortierte Liste von Komponistinnen, die für Orgel geschrieben haben:

  • Elfrida Andrée
  • Emma Louise Ashford
  • Johanna Asmussen
  • Maja Bösch-Schildknecht
  • Rosalie Bonighton
  • Mel Bonis
  • Joséphine Boulay
  • Matilde Capuis
  • Cécile Chaminade
  • Margaretha Christina de Jong
  • Jeanne Demessieux
  • Barbara Dennerlein
  • Carlotta Ferrari
  • Heather Hammond
  • Barbara Heller
  • Mathilde Kralik von Meyerswalden
  • Liselotte Kunkel
  • June Nixon
  • Ruth Norman
  • Antonia Sarcina
  • Adaline Shepherd
  • Ethel Smyth
  • Elizabeth Stirling
  • Sarah Watts
  • Erna Woll

Ein kleiner Einblick in eine Welt, die vielen nach wie vor unbekannt ist, aber sich auf Entdeckungsreise zu begeben lohnt sich! Ich bin selbst noch längst nicht am Ende meiner persönlichen Entdeckungsreise angekommen und freue mich, wenn ich den ein oder anderen Impuls geben kann.

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